Rudolf-Wissell-Brücke

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Die Rudolf-Wissell-Brücke ist das drittmeistbefahrene Autobahnstück Deutschlands. Beim Zeichnen unter der Brücke ist davon wenig zu merken. Wenn oben die Lastkraftwagen über den Beton donnern, schwingt der Beton dumpf. In etwa so, wie der Gesang der Wale in einer Unterseedoku. Angenehm mild ist es auch – im Herbst etwa- da die Nachmittagssonne die mächtigen Betonstrukturen aufwärmt wie einen Ofen. Die Angler und Zecher, die hier sonst lagern wissen das spezielle Mikroklima auch zu schätzen. Der Sand und die Gebüsche glitzern von geleerten und zerschlagenen Flaschen. Als ich zeichne, stapft ein junger Mann am Ufer des toten Spreearms entlang und sucht mit zunehmender Verzweiflung etwas.

Mit den Jahren ist die Brücke über die Spree baufällig geworden und wird für 231 Millionen Euro abgerissen und durch zwei neue reine Autobahnbrücken ersetzt. Dafür werden Kleingärten eingeebnet und Bäume gefällt und irgendwo in Brandenburg wird ein Ablassbiotop geschaffen. Also kein Projekt, das unmittelbar der sogenannten Verkehrswende verpflichtet ist.

Ein Schulfreund hatte hier eine Laube, die sich an ungeheuerlicher Stelle unter der Autobahnbrücke befand. Einige Laubenpieper erreichen ihre Scholle nur durch kurze feuchte Tunnel. Sie sind zu allen Seiten von Eisenbahngleisen und Autobahn eingeschlossen.
In einer dunklen Ecke hockt die Gaststätte Tunneleck. Ein Hybrid aus Kleingartenkneipe und Sperrmüllinstallation. Irgendwie romantisch. Hier plätschert auch ein kleiner Kanal, der als umgeleitete Spree durch den Schlosspark fließt. Das ganze Gebiet wird sich wohl in nächster Zeit stark verändern. Neben dem Brückenneubau wird auch die S-Bahn nach Gartenfeld und in die neue „Wasserstadt“ wieder in Betrieb genommen. Jetzt ist dort noch ein Robinienurwald und keine Brücke über die Spree.


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Comments

4 Antworten zu „Rudolf-Wissell-Brücke“

  1. Avatar von Rolf Schröter

    Da laufe ich auch gerne rum – dass sich die Gegend wahrscheinlich bald unwiederbringlich wandeln wird, ist mir gerade durch deinen Beitrag erst richtig klar geworden, obwohl ich von S-Bahn und Autobahnbrücken – Vorhaben eigentlich weiß …. deine Zeichnung dokumentieren die Atmosphäre genauso, wie ich sie auch empfinde!

  2. Avatar von Katrin Merle

    Hallo Peter, ich mag deine Zeichnungen so gerne! Diese sind wieder besonders schön. Toll, dass du jetzt auch hier postest!
    Ich habe da am Anfang meiner Urban Sketchers-Zeit auch mal gezeichnet und fahre alle paar Jahre mit dem Rad da lang, bleibe stehen und bin immer wieder fasziniert, wenn ich direkt unter der Brücke stehe. Die auf der Brücke ahnen nichts von der Welt darunter und unten bekommt man nichts vom Leben auf der Brücke mit.

  3. Avatar von Marion
    Marion

    Sagenhaft, die Bilder und das Motiv! Sehr tolle Zeichnungen! Die Brücke kenne ich und die Kleingärten auch. Die sind auch noch von Bahndämmen umzingelt, auf denen Güterwaggons an den kleinen Häuschen vorbeirattern. Da war ich Ostern vor ein paar Jahren und habe gezeichnet. Ist ja ulkig, dass ich jetzt zufällig hier (endlich!!!) mal reingucke und die Zeichnungen entdecke. Die bizarren „Abfallorte“ wie Straßenränder und Autobahndämme mag übrigens auch der Holländer Jeroen Jannsen in „Mijn autostradelandje“.

  4. Avatar von Peter Scherbarth

    Vielen Dank für die begeisterten und zustimmenden Kommentaren. Danke auch für den Hinweis auf den holländischen „Bahndammzeichner“ dessen Zeichnungen mir gefallen. Er hat die Herausforderung angenommen, die Schönheit in ganz profanen, unwirtlichen und durchaus auch verkommenen Orten zu entdecken.

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